Beispiel für ein Schutzkonzept

Ich begleite soziale Institutionen und Vereine darin, Schutzkonzepte zu entwickeln. Dies ist ein Einblick in ein Schutzkonzept (verkürzt dargestellt), das gemeinsam mit 2 Teams für den Träger und dessen Jugendfreizeiträume erarbeitet wurde.

Von Lena Grabowski

Vorwort des Trägers

XXXXXXXXX e.V. ist ein selbstständiger, weltanschaulich und politisch unabhängiger Verein zur Wahrung der Menschenrechte in Berlin.

Der Verein verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke zur Förderung der Jugendarbeit & Jugendhilfe und der Förderung von Bildung & Erziehung im Sinne des Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung 1977.

In dem Verein sollen neue Wege gegangen und Anregungen für die geschlechtsspezifische Jugendhilfe gegeben werden. Die Arbeit umfasst offene, hinausreichende und mobile Kinder- und Jugendarbeit, kulturelle und politische Jugendbildung, Beratung und Gemeinwesenarbeit. Dabei werden ganzheitliche lebensweltorientierte und vernetzte Arbeitsansätze bevorzugt. Die Arbeit zielt auf die Selbstbestimmung und die soziale Beteiligung von Mädchen* und jungen Frauen*. Der Verein unterstützt Aktivitäten gegen jegliche Form von Gewalt.

 

Rechtliche Grundlagen

Der Verein verpflichtet sich, in den eigenen Räumen und im direkten Betreuungssetting Gewaltfreiheit herzustellen und zu sichern. Dabei handlungsleitend sind folgende gesetzliche Grundlagen:

  • Leistungsvereinbarungen nach §§ 11-14, 16, 30, 31, 35a, 41, 52 SGB VIII und §§ 10, 12, 38 JGG
  • SGB VIII, insbesondere die §§ 1, 8, 8a, 8b, 9, 61-68, 72a und 78f
  • Strafrechtlich relevante Gesetze, insbesondere §§ 138, 171, 174, 174c, 176, 177, 180, 182,
    203, 225 StGB
  • UN-Kinderrechte
  • Grundgesetz, insbesondere Artikel 2
  • Bundeskinderschutzgesetz

Kindeswohl, Kinderrecht, Kinderschutz

Kindeswohl, Kinderrechte und Kinderschutz stehen in enger Beziehung zueinander. Das Kindeswohl ist ein zentraler Begriff im Familienrecht (Elterliche Sorge §1626 ff BGB) und gleichzeitig unbestimmt, der also im Einzelfall konkretisiert werden muss. Im späteren Verlauf des Gesetzestextes wird in körperliches, geistiges und seelisches Wohl des Kindes differenziert.

Die Betrachtung der menschlichen Grundbedürfnisse verdeutlicht, was das Wohl des Kindes im Kern ausmacht:

  • Das Bedürfnis nach beständigen liebevollen Beziehungen
    Es sind die verlässlichen Beziehungen zu erwachsenen Bezugspersonen, die die Kinder in der Entwicklung ihres Denkens, ihrer Sprache, ihrer Werte und ihrer sozialen Kompetenzen fördern.
  • Das Bedürfnis nach körperlicher Unversehrtheit, Sicherheit und Regulation
    Neben gesunder Ernährung, Ruhe und Bewegung sowie der Gesundheitsfürsorge und –vorsorge, gehört das Unterlassen jeglicher Form von Gewalt, die zu physischer und psychischer Verletzung führt, dazu.
  • Das Bedürfnis nach individuellen Erfahrungen
    Kinder sollten mit ihrer Einzigartigkeit angenommen und gefördert werden.
  • Das Bedürfnis nach entwicklungsgerechten Erfahrungen
    Die Entwicklung des Kindes bestimmt die Art und Weise der Erziehungsansprüche. Sowohl Über- als auch Unterforderung können zu sozialen, intellektuellen oder emotionalen Entwicklungsstörungen führen.
  • Das Bedürfnis nach Grenzen und Strukturen
    Sinnvolle Grenzsetzung und Strukturen geben dem Kind Sicherheit. Grenzen dürfen nicht gewaltsam durchgesetzt werden.
  • Das Bedürfnis nach stabilen, unterstützenden Gemeinschaften und kultureller Kontinuität
    Soziales Lernen findet auch im außerfamiliären Umfeld statt. Alters- und entwicklungsbedingt verschiebt und erweitert sich dieses Umfeld.
  • Das Bedürfnis nach einer sicheren Zukunft
    Kinder brauchen nicht nur für sich persönlich eine sichere Zukunft, sondern auch global. Diese Zukunftssicherung liegt in der Verantwortung von Gesellschaft und Politik.1)

Die Kinderrechte, die 1990 in der UN-Kinderrechtekonvention in Kraft traten und von den meisten Staaten der Erde ratifiziert wurden, gelten für jedes Kind und jeden Jugendlichen. Kinder haben ein Recht auf Gleichheit, Gesundheit und Bildung. Sie haben ein Recht auf elterliche Fürsorge, gewaltfreie Erziehung und Schutz vor Ausbeutung und Gewalt.

Trägerinterne Grundlagen

Der Begriff „Kinderschutz“ ist in erster Linie ein Sammelbegriff für diverse rechtliche Regelungen und Maßnahmen in den unterschiedlichsten Institutionen, die dem Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Schäden und Beeinträchtigungen dienen sollen. In der sozialpädagogischen Arbeit wird der Begriff „Kinderschutz“ hauptsächlich in Verbindung mit der Kindeswohlgefährdung bzw. deren Verhinderung gesehen. 

Augenscheinlich geht die Gefahr erst einmal von Personen innerhalb der Familien oder von nahen Bezugspersonen bzw. einer Peergroup aus. Dass eine Gefährdung von Kindern und Jugendlichen auch durch professionelle Fachkräfte, angestellt bei Trägern der freien Jugendhilfe bzw. staatlichen Institutionen etc. ausgehen kann, bleibt oftmals unberücksichtigt. Dieses Schutzkonzept berücksichtigt als potentielle Täter*innen nicht nur Menschen außerhalb der Einrichtung, sondern auch die Kolleg*innen, zu denen ein überwiegend persönliches Verhältnis besteht.

Zu Fehlverhalten und Grenzverletzungen innerhalb eines Trägers, die eine Verletzung der Kinderrechte mit sich bringt, zählen physische, psychische/ emotionale oder sexuelle Gewalt, soziale Ausgrenzung, unterschiedliche Formden der Diskriminierung sowie Machtmissbrauch von Mitarbeitenden gegenüber den schutzbefohlenen Kindern und Jugendlichen. Jede mitarbeitende Person trägt eine Verantwortung denjenigen gegenüber, die betreut und begleitet werden. Die Konstellation Erwachsener versus Kind/Jugendliche birgt von Natur aus eine Machtungleichheit, die es von Seiten des Erwachsenen nicht grenzverletzend auszunutzen gilt.

Die Grenzverletzungen können in ihrer subjektiven Intensität variieren, unabsichtlich oder absichtlich geschehen und sind deshalb individuell zu betrachten. Sie können unterschiedliche Handlungsmaßnahmen nach sich ziehen – grundsätzlich sind sie jedoch nicht zu tolerieren. Aufgrund der subjektiven Sichtweisen einigt sich der Träger auf das Wording der „Grenzverletzung“. Darum wird nicht eingegrenzt von Gewalt, Übergriff, Misshandlung oder Vernachlässigung gesprochen, um keine “mögliche Grenzverletzung” auszuschließen. 

Die einzige Ausnahme bildet die sexuelle Grenzverletzung. Da dies in unserem Verständnis in jedem Fall auch in kleinster Form ein massives Fehlverhalten darstellt, soll hier generell von sexualisierter Gewalt gesprochen werden.

Formen der Grenzverletzung

Im Folgenden ist das gemeinsame Verständnis zu den einzelnen Grenzverletzungen genauer beschrieben:

  • Physische Grenzverletzung: Körperliche Gewalt oder Misshandlung (z.B. schlagen, stoßen, schütteln); Verletzung der Aufsichtspflicht
  • Psychische und emotionale Grenzverletzungen: Verbale Gewalt (z.B. schreien, entwerten, demütigen, beleidigen, bedrohen); pädagogisch unsinniges Verhalten (z.B. zur Befriedigung der eigenen Bedürfnisse, Ausüben von Macht, unkontrolliertes und/oder willkürliches Handeln sowie unlogische Konsequenzen, sich nicht entschuldigen können bei Fehlverhalten); Verletzung der Aufsichtspflicht; Missachtung der Privatsphäre; Ein- oder Aussperren; Ignorieren von kulturellen Besonderheiten, von krankheitsspezifischen Gegebenheiten und von vorhandenen Ressourcen und Bedürfnissen
  • Soziale Grenzverletzung: Bewusstes Nichtreagieren bei kindeswohlgefährdenden Situationen außerhalb und innerhalb des Arbeitssettings; Mobbing; Ausgrenzung im Gruppensetting; Verbünden mit einer Person (Elternteil/Freund*innen etc.) gegen das Wohl des Kindes/den Jugendlichen
  • Sexualisierte Gewalt: sexuelle Misshandlung oder Annäherung mit (von Berühren bis hin zur Vergewaltigung) oder ohne Körperkontakt (z.B. Exhibitionismus, Anschauen von Pornographie, Nacktbilder machen, sexualisierte Sprache); sexuelle Beziehung zu (minderjährigen) Adressat*innen

Wie bereits erwähnt, kann das Empfinden über die Schwere der Grenzverletzung variieren. Grundsätzlich gibt es einige Formen von Grenzverletzungen, die nicht zu entschuldigen sind (jede Ausübung von Gewalt, die strafrechtliche Folgen nach sich zieht), und andere, die bewusst, aber auch unbewusst geschehen können. Wichtig ist die Möglichkeit im Blick zu behalten, dass sie geschehen können, und sich im Falle eines Fehlverhaltens konstruktiv und offen damit auseinanderzusetzen.

 

Grundsätzlich findet Kinder- und Jugendarbeit auf einer Beziehungsebene statt. Dies ermöglicht einerseits einen bedarfsgerechten Hilfe- und Förderprozess in Gang zu setzen, der möglicherweise auch einen Nachreifeprozess beinhaltet. Darüber hinaus ist in dieser Arbeit aber auch Vertrauen wichtig. Diese Tatsache erhöht das Risiko für Grenzverletzungen aller Art. 

Um als mitarbeitende Person sensibel arbeiten zu können, ist es hilfreich, sich immer wieder in einen Perspektivenwechsel zu begeben, um mögliche Grenzverletzungen zu vermeiden. Zudem ist es wichtig, sich ständig bewusst zu machen, dass man aufgrund seiner Rolle als pädagogische Fachkraft eine Vorbildfunktion hat. Folglich kann jedes eigene Verhalten Auswirkungen auf das Verhalten des Gegenübers haben. Dabei ist jeder mitarbeitenden Person gleichzeitig aber auch bewusst, dass kein Präventionskonzept Grenzverletzungen und sexualisierte Gewalt in Einrichtungen generell verhindern kann. Wichtig ist jedoch, sich diesem Thema regelmäßig offen zu stellen, sich weiter zu bilden, Diskurse zu führen und den Schutzauftrag gegenüber Kindern und Jugendlichen jederzeit zu erfüllen.

§ 8a Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung

(1) Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte einzuschätzen. Soweit der wirksame Schutz dieses Kindes oder dieses Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird, hat das Jugendamt die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder den Jugendlichen in die Gefährdungseinschätzung einzubeziehen und, sofern dies nach fachlicher Einschätzung erforderlich ist, 

  • sich dabei einen unmittelbaren Eindruck von dem Kind und von seiner persönlichen Umgebung zu verschaffen sowie
  • Personen, die gemäß § 4 Absatz 3 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz dem Jugendamt Daten übermittelt haben, in geeigneter Weise an der Gefährdungseinschätzung zu beteiligen. Hält das Jugendamt zur Abwendung der Gefährdung die Gewährung von Hilfen für geeignet und notwendig, so hat es diese den Erziehungsberechtigten anzubieten […]
  • In Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass deren Fachkräfte bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes oder Jugendlichen eine Gefährdungseinschätzung vornehmen
  • bei der Gefährdungseinschätzung eine insoweit erfahrene Fachkraft beratend hinzugezogen wird sowie
  • die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche in die Gefährdungseinschätzung einbezogen werden, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.

In diesen Prozess ist eine ISEF (insofern erfahrene Fachkraft) hinzuzuziehen. Fachkräfte der Träger wirken bei den Erziehungsberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hin, wenn sie diese für erforderlich halten, und informieren das Jugendamt, falls die Gefährdung nicht anders abgewendet werden kann.

Werden einem örtlichen Träger gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen bekannt, so sind dem für die Gewährung von Leistungen zuständigen örtlichen Träger die Daten mitzuteilen, deren Kenntnis zur Wahrnehmung des Schutzauftrags bei Kindeswohlgefährdung nach § 8a erforderlich ist. 

Die Mitteilung soll im Rahmen eines Gespräches zwischen den Fachkräften der beiden örtlichen Träger erfolgen, an dem die Personensorgeberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche beteiligt werden sollen. Soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.

 

Berlineinheitlicher Erfassungsbogen bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung

https://www.lsb-berlin.de/fileadmin/redaktion/landessportbund/doc/kinderschutz/Infos_und_Material/Berlineinheitliche_Risikoeinschaetzung_Verdacht_Kindeswohlgefaehrdung.pdf

Verhaltenskodex

Das Team spricht sich einheitlich für die Vorgehensweise des 4-Augen-Prinzips aus. Dies stellt sicher, dass Kinder und Jugendliche nicht durch eine erwachsene Person für ihre persönlichen Zwecke ausgenutzt werden können. Dies stellt auch die Sicherheit erwachsener Bezugspersonen sicher und gewährleistet, dass Zeug*innen von Situationen zur Verfügung stehen. 

Körperkontakt wie beispielsweise das Halten einer Hand oder eine Berührung wie eine Hand auf dem Arm/der Schulter darf demnach nur erfolgen, sobald ein junges Kind Trost oder Schutz bei einer pädagogischen Bezugsperson sucht und die Initiierung vom Kind/Jugendlichen ausgeht und dies explizit erwünscht ist. Ebenfalls sollte es nur erfolgen, wenn diese Kontaktform zum Sicherheitsempfinden des Kindes/Jugendlichen beiträgt, beispielsweise im Kontext Psychologischer Erster Hilfe in akuten Krisensituationen. Es sollte ebenfalls nur in Gegenwart von anderen Kindern, Jugendlichen und Bezugspersonen stattfinden. 

Auch sollten dazu Alternativen angeboten werden, beispielsweise ob ein Ki/Ju zur Beruhigung ein Glas Wasser, eine Decke oder einen Rückzugsort wünscht. 

Um die Sicherheit von Kindern und Jugendlichen in Gruppen sicherzustellen, sollten Räumlichkeiten entweder pädagogisch betreut sein oder die Tür offen bleiben. Auch sollten mit Kindern und Jugendlichen Situationen vorbesprochen werden, die ihre Sicherheit bei Ausflügen sicherstellen, wie etwa in der Dusche und in Umzugskabinen im Schwimmbad oder ähnlichen Kontexten.  

Das Team hat zum Ziel, Situationen in der Öffentlichkeit wie etwa bei Ausflügen vorzubesprechen und nachvollziehbare Regeln mit den Kindern zu definieren, die ihre Unversehrtheit sicherstellen sollen.

 

Persönliche Eignung, Aus- und Fortbildung

Personalauswahl und – entwicklung sind aus gutem Grund der erste Baustein. Haupt- und ehrenamtliche Entscheidungsträger verantworten, welche Menschen Leitung übernehmen dürfen und ob ihnen hilfe- oder schutzbedürftige Personen und Minderjährige anvertraut werden. Sie müssen daher fachlich und persönlich kompetent sein.

Mitarbeitende Personen sollten nachweisen können, dass sie über pädagogische oder psychologische Abschlüsse sowie praktische Arbeitserfahrungen mit Kindern und Jugendlichen verfügen. Des Weiteren sollen Fachkräfte regelmäßig an internen und externen Weiterbildungmaßnahmen teilnehmen, um diese für Kinderschutz und Kindeswohlgefährungsprozesse zu sensibilisieren und handlungssicher zu machen.

Alle haupt- und ehrenamtlich Tätigen sollten im Bereich Prävention gegen Formen von Gewalt und Kinderschutz geschult werden.

Bei Bewerbungsgesprächen sollten mehrere Mitarbeitende des Trägers teilnehmen, um eine umfassende und genaue Einschätzung einer neuen mitarbeitenden Person vornehmen zu können. Weiterbildungen spezialisiert auf den Bereich: Profilanaylsen von Täter*innen-Profilen sollten von mindestens einer Person im jeweiligen Team besucht werden. 

 

Qualitätsmanagement und Maßnahmen zur Stärkung

Im Rahmen eines Schutzkonzeptes ist die Sicherstellung von Qualität in der Arbeit durch unterschiedliche Maßnahmen von zentraler Bedeutung. Auch ein gutes System präventiver Maßnahmen garantiert leider keinen Schutz auf Dauer, wenn es nicht regelmäßig in den Blick genommen und angepasst wird. Qualitätsmanagement wird durch folgende Punkte umgesetzt:: 

  • Zuständige Ansprechspersonen für Prävention benennen und weiterbilden (Geschulte Personen)
  • Angebote für Eltern und Bezugspersonen schaffen z. B. Thema Sexualpädagogik, Gewalt in Medien
  • Angebote im Bereich Prävention für Kinder & Jugendliche etablieren (Wie kann ich „Nein“ sagen?, Empowerment, Peerausbildung etc)
  • Überprüfungsroutinen (z. B. Tagesordnungspunkt bei Besprechungen) für den Verhaltenskodex und die Risikoanalyse schaffen
  • Orte der gemeinsamen Reflexion und Supervision etablieren
  • Teamtage
  • Gesundheitsfürsorge für Mitarbeitende

 

Persönliches Führungszeugnis und Selbstauskunftsbogen

Mitarbeitende Personen müssen einmal im Jahr ein aktuelles Führungszeugnis einreichen und einen vom Träger erstellten Selbstauskunftsbogen unterschreiben. 

Beschwerdewege

Zur Risikoanalyse gehört einerseits die Einschätzung von räumlichen und gegenständlichen Gefahren und der Vermeidung und Reduktion dieser Gefahren. So sollten beispielsweise Gegenstände, die zu Verletzungen führen können (Beispiel: Werkzeug, Kochutensilien etc) als auch Interieur, das Unfälle begünstigen kann (Sportgegenstände, hohe Regale etc) gesichert sein bzw Ki/Ju nicht unbeaufsichtigt bleiben. 

Des Weiteren zählt zur Risikoanalyse auch die Einschätzung der Mitarbeitenden. So sollten Personen, die aufgrund persönlicher starker Belastungen oder psychischer Einschränkungen eine Gefahr für sich selbst, ihre Kolleg*innen und ggf für die Arbeit mit Ki/Ju darstellen, eine Möglichkeit haben, sich intern Informationen oder Unterstützung einzuholen. 

Dies gilt auch für mitarbeitende Personen, die unter jeglicher Form diskriminierenden oder des-integrierenden Verhaltens einer anderen mitarbeitenden Person leidet. Diesen Personen sollte eine transparente, neutrale Beschwerdestelle zur Verfügung stehen, in der sie sich Informationen einholen und Beratung erfahren kann. Die Beschwerdestelle sollte weitere Angebote wie externe Supervision oder Beratung zur Verfügung stellen können.

 

Datenschutzbestimmung bei Fotografien und Videoaufnahmen

Digitale Fotos, auf denen Erwachsene oder Kinder zu erkennen sind, sind regelmäßig personenbezogene Daten i.S.d. DSGVO. Mit jedem Lichtbild durch eine Digitalkamera oder ein Smartphone werden Daten zu Personen verarbeitet, die diese identifizieren oder deren Identifizierung zumindest ermöglichen. So sieht auch die DSGVO in EG 51 vor, dass die Verarbeitung von Fotos grundsätzlich eine Verarbeitung personenbezogener Daten darstellt.

Vor der Einführung der DSGVO wurde die Veröffentlichung von Fotos auch von Kindern immer nach den Vorschriften des Kunsturhebergesetzes (KUG) beurteilt, konkret nach den §§ 22, 23 KUG. 

So war stets zu beachten, dass gem. § 22 KUG ein „Verbreiten oder ein öffentliches Zurschaustellen“ von Fotos grundsätzlich nur bei Vorliegen einer entsprechenden Einwilligungserklärung zulässig war bzw. noch immer ist. Ausnahmen von dem Einwilligungserfordernis sind in § 23 KUG aufgelistet, insbesondere für Fälle, in denen es sich um Personen der Zeitgeschichte oder um Personen als Beiwerk handelt oder um Bilder von Versammlungen und Aufzügen. 

Bezüglich der Anfertigung von Bildaufnahmen schützte das KUG indes nicht. Hier war und ist anhand des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der abgebildeten Person abzuwägen, ob die Interessen dieser oder der fotografierenden Person Vorrang haben.

Anwendung der DSGVO

Seit Anwendbarkeit der DSGVO im Mai 2018 gilt für das Fotografieren / Filmen (=Datenerhebung) wie auch für die Veröffentlichung von Bildern (=Verarbeitung) von Kindern grundsätzlich die DSGVO, da sie als europäische Verordnung direkt ohne nationales Umsetzungsgesetz gilt und einen Anwendungsvorrang vor dem nationalen Recht genießt. 

Sowohl für die Erstellung des Bildes als auch für die Veröffentlichung ist eine entsprechende Rechtsgrundlage gem. Art. 6 Abs. 1 DSGVO erforderlich. Wobei oftmals eine Einwilligungserklärung gem. Art. 6 Abs. 1 lit. a, Art. 7 DSGVO eingeholt werden muss. Es gibt jedoch insbesondere zwei wichtige Ausnahmen von der Anwendung der DSGVO (S. 91):

  1. Medienprivileg (Öffnungsklausel Art. 85 Abs. 2 DSGVO): Für die Veröffentlichung von Fotografien zu journalistisch-redaktionellen Zwecken gilt auch nach Einführung des DSGVO das speziellere KUG. 
  2. Haushaltsausnahme (Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO): Für die Fotografie zu rein privaten Zwecken gilt die DSGVO ebenfalls nicht.

In diesen Fällen soll das KUG aber grundsätzlich weiterhin anwendbar sein, so dass zu prüfen wäre, ob gem. § 22 KUG „Bildnisse verbreitet oder zur Schau gestellt werden“. Fest steht, dass ein „Zurschaustellen“ immer eine Öffentlichkeit i.S.d. § 15 Abs. 3 UrhG voraussetzt, wobei der Personenkreis nicht klar abgrenzbar sein darf.

Es gibt aber auch Stimmen in der Literatur, die bestimmte private Bereiche von dem Anwendungsbereich des § 22 KUG ganz ausnehmen wollen.